Gitarre oder Klavier spielen - das machen viele. Leo und Julian haben sich ein Instrument ausgesucht, das nur wenige kennen: die Zither. Auf diesem Instrument kann man wunderschöne Melodien spielen.
Die beiden Zehnjährigen betreten gerade den Unterrichtsraum der Musikschule in Kempten. Schnell packen sie ihre Instrumente aus und schon fangen sie an zu spielen. Wie ein flacher Holzkasten mit vielen Gitarren-Saiten sieht die Zither aus, die vor den beiden auf dem Tisch steht. «Seit wann spielen wir denn im Stehen?», fragt der Musiklehrer Martin Kerber verwundert. «Holt eure Stühle und setzt euch hin ? so viel Zeit muss sein.»
Leo stapelt gleich drei Stühle übereinander und setzt sich damit vor seine Zither. «Das mache ich immer so, damit ich von oben spielen kann. Man braucht nämlich viel Kraft, um mit den Fingern die Saiten runterzudrücken», erklärt er. Dann stülpt sich Leo einen silbernen Ring über den rechten Daumen. «Das ist der Zitherring. Den nimmt man, damit es beim Zupfen lauter klingt. Und damit man keine Blasen bekommt.»
Wenn Leo und Julian auf ihrer Zither spielen , sieht es ein bisschen nach Gitarrespielen aus. Mit den Fingern der rechten Hand zupfen sie die Saiten. Die Finger der linken Hand drücken auf dem Griffbrett die Saiten mit wechselnden Griffen nach unten. Dadurch entsteht die Melodie. «Das Schwierige am Zitherspielen ist, dass beide Hände etwas anderes machen ? und dann muss man noch auf die Noten schauen», sagt Leo. Er spielt deshalb am liebsten ohne Noten. Wenn er ein neues Stück einstudiert, braucht er sie aber.
Zu Beginn des Unterrichts lässt Martin Kerber seine Schüler abwechselnd die Tonleiter spielen. Danach ist das Stück «Der dritte Mann» an der Reihe ? eine ganz berühmte Zithermelodie. Leo spielt die erste Stimme, Julian die zweite. «Wenn man zusammen spielt, hört sich das zwar schöner an, aber es ist auch viel schwieriger», sagt Leo und legt die Stirn in Falten. Damit die beiden nicht durcheinanderkommen, zählt der Lehrer den Takt laut vor. «Ihr müsst mitzählen, dann wird es leichter.»
Julian spielt seit zwei Jahren Zither. Bei einem Schnupperkurs in der Schule hat er das Instrument zum ersten Mal gehört und war begeistert. «Ich bin nach Hause gegangen und habe zu meiner Mama gesagt: Das will ich lernen.» Julian findet, dass sich eine Zither viel schöner anhört als eine Gitarre . «Außerdem ist es etwas Besonderes. Gitarre spielt jeder.» Nur der Name des Instruments gefällt ihm nicht, weil er sich anhört wie zittern. «In der Schule lachen sie mich deshalb manchmal aus.»
Leo hat mit dem Zitherspielen angefangen, als er sieben Jahre alt war. Er kennt das Instrument von seinem Vater, der darauf schon lange spielt . Obwohl Leo schon Cello-Unterricht nimmt, wollte er unbedingt noch Zither lernen. «Mir gefällt der Klang einfach so gut.» Der Name stört ihn nicht. «So heißt das Instrument eben. Und zittern schreibt man doch auch ganz anders.»
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Foto: Birgit Ellinger